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Ist Toleranz denn genug?
Toleranz. Was für ein schönes Wort!
Zuletzt in meiner Episode Einheitsbrei sagte ich, das Gleichheit und Gleichwürdigkeit zwei unterschiedliche Dinge sind – und das nur das eine erreicht, was das andere bloß vorgaukelt. Nämlich Toleranz.
Wenn du mehr zum Unterschied zwischen Gleichheit und Gleichwürdigkeit wissen willst, höre Dir bitte die Episode Einheitsbrei ab 14:25 Sekunden an.
Aber ist Toleranz schön? Oder ist nicht das Akzeptieren die höhere Form?
Fordern die vielen Menschen, die für Toleranz protestieren, eigentlich etwas völlig anderes?
Ja, tun sie, wenn man den eigentlichen Wortsinn betrachtet.
Der oder die Homodiversfluidintersexuelle RegenbogenMensch_in und die schreiend marschierenden Feministinnen der Third Wave Gruppe machen uns Glauben, das wir in einer furchtbar intoleranten Gesellschaft leben, die alles, was nicht in das 1950er Jahre Schema passt, ausgrenzt.
Dabei ist das so – im Sinne des Wortes – absolut nicht wahr. Ich möchte dringend vorausschicken, das ich mich mit den Gründen und tieferstehenden Problematiken der einzelnen Bewegungen sehr wohl auch assoziieren und Verständnis aufbringen kann.
Aber der tote Hund liegt doch in so manchem Detail begraben.
Ich weiß, das das Wort Toleranz heute umgangssprachlich eine weitere Bedeutung hat, als vor 15 Jahren noch. Aber genau darin liegt auch viel Reibung, weil es Situationen gibt, auf die der Begriff Toleranz nicht mehr anwendbar ist.
Maximilian Reichlin schriebt dazu in einem Artikel auf Uni.de im Jahr 2016:
Toleranz und Akzeptanz sind zwei Begriffe, die im alltäglichen Gebrauch gerne als Synonyme eingesetzt werden. Doch betrachten wir die beiden Worte einmal genauer und sehen uns einige Theorien darüber an, dann stellen wir fest, dass doch eine große Lücke dazwischen klafft. Dann nämlich ist Toleranz eher „Gleichgültigkeit“ oder sogar „Überheblichkeit“, Akzeptanz dagegen ein Akt der Wertschätzung und der Integration. Dann jedoch bleibt die Frage offen, warum wir immer so sehr darauf bedacht sind, tolerant zu sein, wo wir uns doch eigentlich eher in Akzeptanz üben sollten.
Toleranz und Akzeptanz sind, einmal nur ihrer sprachlichen Gehalte nach, nicht das Gleiche: Betrachten wir beide Begriffe einmal mit der Lupe: Akzeptanz kommt vom lateinischen „accipere“, was so viel bedeutet wie „gutheißen“ oder „annehmen“. Der deutsche Germanist Günther Drosdowski definierte die Akzeptanz als die Bereitschaft, etwas oder jemanden zu akzeptieren, ein fremdes Gedankengut also im reinen Wortsinne „gutzuheißen“.
Toleranz stammt ebenfalls aus dem Lateinischen. Das Verb „tolerare“ bedeutet soviel wie „erdulden“ oder „ertragen“. Hier tut sich bereits ein Unterschied der Bedeutungen auf: Während etwas „gutzuheißen“ ein aktiver Vorgang ist, erscheint das „erdulden“ eher passiv, so als könne man sich ohnehin nicht dagegen wehren, was da auf einen zukommt.
Da enden die Unterschiede aber noch nicht. Auch die Konnotation spielt eine gewichtige Rolle. Wenn wir sagen, wir „dulden“ etwas oder irgendjemand sei „geduldet“, ist das selten etwas Gutes. Vielmehr nehmen wir dabei eine Wertung vor, die Ausgrenzung schwingt bereits im gesprochenen Wort mit. So sagen wir also nicht: „Ich stehe hinter dir und befinde deine Anwesenheit für gut“, sondern: „Ich weiß, dass du nicht hierher gehörst, aber da ich nichts dagegen tun kann, dulde ich es.“ Möglicherweise sprechen wir auch von oben herab, mit Mitleid oder einem falschen Gefühl von Großzügigkeit: „Ich weiß, dass du nicht hierher gehörst, aber ich dulde dich dennoch. Bin ich nicht barmherzig?“ Letzten Endes muss der Geduldete dem Duldenden dann auch noch dankbar sein.
Rainer Forst, ein deutscher Politikwissenschaftler und Philosoph, umfasst die Toleranz in vier unterschiedlichen Konzeptionen: Die Erlaubnis- und die Koexistenz-Konzeptionen sind dabei von einem erkennbaren Pragmatismus geprägt: Hier werden Minderheiten (Erlaubnis) oder gleichstarke Gesellschaftsgruppen (Koexistenz) geduldet, weil sie entweder keine Gefahr für das vorherrschende Machtgefüge darstellen, oder das „geringere“ Übel sind. Toleranz in reiner Form.
Forsts andere Konzeptionen, die Respekt-Konzeption und die Wertschätzungs-Konzeption, haben diese Sphäre der „Duldung“ bereits verlassen, denn in diesen beiden wird das fremde Gedankengut anderer Gesellschaftsschichten nicht nur toleriert, sondern aktiv akzeptiert. In der einen betrachtet ein nach Forst „toleranter“ Mensch seine Mitmenschen als rechtlich und politisch gleichgestellt, in der anderen schätzt er sogar die Errungenschaften, die das fremde Gedankengut der eigenen Gesellschaft einbringen kann.
Noch eklatanter wird der Unterschied zwischen Toleranz und Akzeptanz, wenn wir die Begriffe technisch fassen. In der Medizin etwa ist die „Toleranz“ laut Duden die „begrenzte Widerstandsfähigkeit des Organismus gegenüber schädlichen äußeren Einwirkungen“. Und viele Naturwissenschaften arbeiten mit einem sogenannten „Toleranzbereich“; also einem fest abgesteckten Feld, in dem „falsche“ Zahlen und Messungen gerade noch so geduldet werden können, ohne eine Normabweichung zu sein.
Akzeptanz weiß in ihrem strengen Wortsinne nichts von solchen „Bereichen“, sie ist einfach da oder nicht. Und sie ist zudem meistens positiv konnotiert, es ist also besser, etwas zu akzeptieren, als es nicht zu tun. Nicht ohne Grund ist „Akzeptanz“ daher auch der Name des letzten Stadiums der Trauer: Erst wenn sich diese eingestellt hat, können Herz und Verstand heilen und der trauernde Mensch wieder zur Normalität zurückkehren.
Akzeptanz bedeutet also aktive Gleichberechtigung, Toleranz bedeutet passive Ausgrenzung. Gerade im Hinblick auf die aktuellen Probleme unserer Zeit ist dieser sprachliche Unterschied nicht eben irrelevant: Zu sagen, ein Flüchtling sei in unserem Land „geduldet“ ist nicht das gleiche, wie ihn und die mitgebrachten Kulturunterschiede zu „akzeptieren“. Dennoch ruft die Pro-Flüchtlingsfraktion ungebrochen nach mehr „Toleranz“, nicht nach mehr „Akzeptanz“. Im vergangenen März trafen sich tausende Menschen bei einem Flashmob in Mainz und sangen für die Toleranz, im letzten Jahr veranstaltete das deutsche Bündnis für Demokratie und Toleranz einen Wettbewerb zum Thema, und so weiter und so fort. Warum ist das so?
Natürlich könnte man das alles auf Unkenntnis zurückführen. Schon die Online-Enzyklopädie Wikipedia weiß bereits, dass mit „Toleranz“ im alltäglichen Sprachgebrauch eher die „Anerkennung einer Gleichberechtigung“ gemeint ist, nicht mehr die ursprüngliche „Duldung“. Und wir freuen uns ja auch darüber, dass unsere heutige Jugend, die sogenannte „Generation Mainstream“ so tolerant ist, wie schon lange nicht mehr. Aber was wollen wir damit eigentlich sagen? Dass unsere Jugend gezielt aktive Akzeptanz übt, oder, dass sie mittlerweile gleichgültig geworden ist, was Andersartigkeit anbelangt. Und was von beidem wäre eigentlich mehr wünschenswert?
Wenn wir eines aus der aktuellen Feminismus- und Gender-Debatte gelernt haben, dann doch, dass sich Unterdrückungsmuster bereits in der Sprache manifestieren können. Deswegen schreiben wir heutzutage nicht mehr an den „Lieben Leser“, sondern an die „Liebe Leserin und den lieben Leser“, und deswegen sollten wir uns möglicherweise, wenn wir wirklich tolerant sein wollen, stattdessen auf „Akzeptanz“ einigen. Denn fördern wollen wir ja nicht das Vermögen der eigenen Mitmenschen, über offensichtliche Schwächen des fremden Gedankenguts „hinwegzusehen“, sondern es anzunehmen, daraus zu lernen, damit in Dialog zu treten. Auf der anderen Seite: Vielleicht sind wir ja zu einem solchen Austausch auch noch gar nicht fähig. Vielleicht ist die viel geforderte Toleranz der derzeit einzig mögliche Schritt auf einem Weg, der uns schlussendlich zur Akzeptanz führen wird.
Soweit der Artikel.
Mir persönlich, nachdem ich in den 1980ern Punks, Mods, Popper und Rocker erlebt habe, kann es nicht erschrecken, wenn Du dich in bunten Farben bemalst oder wie Papageno gekleidet durch die Gassen hüpfst. Es ist mir schlichtweg egal, gibt deutlich schlimmeres da draußen, als das. Das Du mir aber Deine Vorwürfe, mit Deiner Sexualität, die ich als etwas intimes, nur mir gehörendes kenne und erlebe, immer wieder aufs Auge drückst, empfinde ich als Belästigung.
Für das Thema heute, verwende ich stellvertretend und als Analogie mein Bild der Regenbogengesellschaft. Similaritäten zu anderen Gruppierungen sind aber leicht zu finden.
Selbst auf die Gefahr hin, das ich mir den Vorwurf der Homophobie gefallen lassen muss: Mich ekelt, wenn ich mir vorstelle, mit einem Mann zu schmusen. Oder wenn ich das beobachte. Das ist eben nicht das meine, nicht meine Art von Liebe oder Sex.
Ich kenne selbst homosexuelle Paare, die beide verheiratet sind. Einer von ihnen, mir ein lieber tiefsinniger Freund, ist Kindergartenpädagoge und außerordentlich beliebt bei Kindern und Müttern. Ich hatte viele Gelegenheiten, diese tollen Menschen ein wenig zu befragen.
Und was soll ich sagen? Von all jenen, die einfach nur schwul oder lesbisch sind, aber mit beiden Beinen auf der Erde stehen, habe ich niemals eine Klage wegen Ausgrenzungen oder Übervorteilungen gehört. Allen ist zu eigen, das sie Anzüglichkeiten unter Kollegen oder freunden Geplänkel abtun und machen dabei noch tüchtig mit.
Im Gegenteil, erst seit es die Regenbogenleute gibt, fühlen sie sich nicht mehr so wohl dabei. Das sei, als ob man einen Scheinwerfer auf diese Damen und Herren gerichtet hätte.
Erst jetzt ist das homosexuelle in ihrem leben zu einem Thema geworden, das sie nun auch auf dem Arbeitsplatz oder anderen sozialen Gelegenheiten immer wieder durchkauen müssen – obwohl sie das gar nicht wollen. Diese Leute waren zufrieden, es war vorher in ihrem Leben und Umfeld einfach nur normal.
Schwul und Lesbisch sein ist Jahrtausende alt, das gibt es seit es Menschen gibt und IST etwas normales. Ich behaupte ja nicht, das es keine Probleme gibt. Es gibt Menschen die geradezu militant gegen Homosexualität auftreten, leider sind es nur all zu oft die Eltern solcher Menschen als Erstauslöser von Widerstand und Depression.
Online habe ich – weil ich schon länger eine Episode zu der Regenbogenfahne schreiben wollte, eine Gruppe gesucht und kennengelernt, deren Mitglieder sich zu der Bewegung bekennen. Ja, ich habe mich da eingeschlichen. Ich habe sehr lange Gespräche mit diesen, meist männlichen, Menschen geführt und durchaus auch harte Argumente ausgetauscht.
Und ich konnte vor allem einen großen Unterschied zu den Paaren, von denen ich vorhin sprach, wahrnehmen. Die meisten von ihnen leiden daran, das sie homosexuell sind. Viele von Ihnen haben bereits in jungen Jahren mit Mobbing und Minderwertig sein zu tun gehabt. Klar fühlen sich solche Menschen, egal welcher Sexualität, dann ausgegrenzt – weil Depression nun auch dazu führt, jedes Gegen-Lüftchen persönlich zu nehmen.
Das kann ich, der ich früher tiefste Depressionen hatte, absolut nachvollziehen. Und auch ich habe früher allem anderen die Schuld an meinem Zustand gegeben, bis ich begriffen habe, das die wahren Gründe in der Vergangenheit liegen und mich dazu brachten, diese in der Gegenwart immer bestätigt zu sehen. Ja, ich habe meine Umgebung so manipuliert, das sie mir das auch immerwieder bewiesen hat. Am besten fühlte ich mich in der Umgebung von Menschen, die ähnlich dunkelgrau lebten, wie ich – alles anderen habe ich gelernt zu ignorieren – und genau das hat eine Spirale in gang gesetzt, die immer tiefer in die Dunkelheit geführt hat. Ich war eine Schneeflocke, die sich im geringsten warmen Gegenwind aufgelöst hat.
Und genau das passiert hier auch.
Im Grunde sind all die Aktivisten hier nur stark, wenn sie in der Gruppe auftreten, jeder für sich ist – man verzeihe meinen Ausdruck – eine Schneeflocke, die nur ihre Ruhe haben will.
Und das ist fatal. Denn Ruhe haben gilt nur für jene, die nicht deren Meinung sind oder die sie nicht mögen. Dieses Ruhe haben ist nur ein Ausdruck dafür, das man sich nicht mit der Meinung, den Gefühlen oder Abneigungen eines anderen auseinandersetzen will, wenn sie einen selbst betrifft. Man scheut den Dialog, die Diskussion, weil einem das Selbstvertrauen dazu fehlt und Angst davor hat, verletzt zu werden. Man umgibt sich nur mit Gleichgesinnten, weil das die Komfortzone ist. Und bemerkt nicht, das sich die Symptome damit erst recht verstärken.
Eine Lawine von Menschen, die glauben ausgegrenzt zu sein fordert also Toleranz. Und ist es selbst nicht. Ja, richtig gehört, ihr seid nicht tolerant. Ein depressiver Mensch kann das nicht sein, weil er alles immer auf sich selbst bezieht und reflektiert und damit immer Vorbehalte gegenüber anderen Menschen haben wird. Solche ein Mensch lebt in der Erwartung des Negativen und genau deshalb begegnet es ihm auch. Und verteilt dann die Schuld an die anderen, die Hater, die böse Gesellschaft. Das ist nicht tolerant, nicht in dem Sinne, wie ihr es haben möchtet!
Ist das nicht ironisch, das das, was ihr euch am meisten ersehnst so weit weg ist? Wer Toleranz fordert, tut dasselbe, wie der der Liebe fordert – so ein Mensch tut im Grunde eigentlich nichts.
Wenn Du nicht in der Lage bist, anzunehmen, das ich nicht Deiner Meinung sein muss, wenn du es nicht schaffst zu erkennen, das ich dich nicht mögen muss oder dich vielleicht sogar ablehne – dann bist du nicht tolerant. Niemand, kein Gesetz oder keine Vorgabe kann mich zwingen, Dich lieb zu haben. Das ist von Faktoren abhängig die nichts, aber auch gar nichts, mit Sexualität zu tun haben. Also bitte höre damit auf, mich und andere auf Deine Sexualität zu reduzieren, die interessiert niemanden, solang Du nicht damit hausieren gehst!
Toleranz und Akzeptanz sind Hauptwörter die von Verben abgeleitet sind. Nämlich tolerieren und akzeptieren. Und als Verb verweisen sie darauf, das man etwas tun muss. Ja, mit der Toleranz und der Akzeptanz ist es dasselbe wie mit der Liebe oder dem Respekt. Man muss es tun.
Erst wenn man selbst Tolerant ist wird einem Toleranz begegnen. Schreibt euch das hinter die Ohren!
Ich schließe mit den Worten Ghandis: Sei Du selbst die Veränderung, die du dir wünschst im Leben!