Autor:
Thomas Speck
Veröffentlicht am:
19. Dezember 2024

Scheitern, aber Richtig – Die Kunst des Vorwärtsfallens

Scheitern aber Richtig-Die Kunst des Vorwärtsfallens-Cover

Diese Woche bricht Thomas Speck mit der satirischen Tradition und begibt sich auf eine inspirierende Reise durch die Irrungen und Wirrungen des Scheiterns. Keine Sorge, der Schalltrichter bleibt bissig – aber diesmal mit einem Hauch von Denzel Washington und einer Prise motivierender Lebensphilosophie.

In den letzten Wochen wurde ich ein paar mal gebeten, mal wieder eine weniger kritische, sondern eine Inspirierende Episode zu machen, so wie ich das oft in den Bonusfolgen tue.
Das ist nicht immer leicht. Ich erinnere mich noch gut daran, wie oft ich selbst Inspiration oder Motivation gebraucht hätte, als ich in einem emotionalen Loch gefangen war.
Solche Momente, wie das Schreiben dieses textes, sind auch immer eine Erinnerung daran, woher ich komme. Auch wenn ich heute ein wenig anders ticke, vergesse ich nicht – man erinnert sich an tolle und schlechte Momente. Und wie jeder weiß, man fühlt das dann auch.
Es ist zwar nur ein Echo, eine Erinnerung, aber dennoch nicht immer angenehm.
Deshalb vermeide ich solche Folgen gerne. Außerdem ist das nicht die Aufgabe des Schalltrichters, der sich eigentlich ganz der Satire verschrieben hat

Also gut, reden wir über das Thema Scheitern. Frei nach Denzel Washington.

Wie ihr aus der Folge „Prokrastinator“ wisst, war ich einst ein sehr verwundbarer Mensch. Diese Verwundbarkeit zog sich lange durch mein Leben. Aber ich war nicht nur ein kleiner Junge, der kümmerlich in der Ecke saß, zitternd vor Angst, wo wohl der nächste Schlag herkommen mag. Um mich zu behaupten und bei jenen, deren Anerkennung mir so bedeutsam war, mehr zu gelten, habe ich mir reichlich Wissen und Geschick in verschiedenen Bereichen angeeignet.

Heute kann ich Gitarren bauen, bin ein Computer-Nerd, besitze Hunderte von Büchern, kann Fliesen legen, Möbel bauen, Leitungen verlegen – eigentlich gibt es nichts, was ich zu Hause nicht reparieren oder umbauen kann. Ich denke, das schreiben und Verfassen von Texten gelingt mir auch ganz passabel. Aber früher war es so, dass ich Immer, wenn ich etwas konnte und damit nicht das gewünschte Ziel erreicht habe, mir etwas Neues gesucht habe, das ich lernen konnte.

Das Schlüsselwort hier ist: Ich habe mir etwas Neues gesucht. Das bedeutet nämlich auch: Ich habe nichts davon zur Vollendung gebracht. Doch ja, das Gitarrenbauen, darin bin ich richtig gut geworden. Mit damals 53 Jahren war es jedoch schwer, noch eine Werkstatt zu eröffnen (so meinten die Banken jedenfalls) – und mir fehlt das nötige Geld.
Ich weine dem nicht mehr nach.
Manche Dinge muss man einfach gehen lassen, ein nicht allzu leichter Schritt manchesmal.

Was mich all die Jahre begleitet hat, nennt man das Impostor-Syndrom oder das Hochstapler-Syndrom. Ich konnte kein Lob annehmen oder als Anerkennung verstehen. Ich kam mir jedes Mal wie ein Hochstapler vor, ein Betrüger – weil ich wusste, ich habe nichts wirklich aus meinem Können gemacht. Ich wusste, dass ich mir das Wissen oder Können nur aus einem Buch angeeignet oder von jemand anderem abgeschaut habe.

Kennst du das? Dieses unangenehme Gefühl, wenn dich jemand lobt? Du möchtest sagen, es sei nicht der Rede wert. Komm schon, das war doch nichts. Du möchtest aus dem Rampenlicht verschwinden und deine Ruhe haben. Lob, das ist zwar schön, aber niemand braucht das. Ich bin nicht so toll – was ich kann, habe ich ja nur aus Büchern oder mir irgendwo abgeschaut.
Weißt du wovon ich rede? Dich selbst klein zu machen? Dich selbst darin zu bestätigen, dass du nichts wert bist?

Der Weg heraus führt nur über eines hinweg: dem Scheitern selbst. Ich musste begreifen das Scheitern dazugehört, dass es wichtig ist. Es ist richtig und unvermeidlich, das man Fehler macht – was nun so ganz und gar entgegen dem ist, was wir heute lernen. Ich habe bei jedem Scheitern aufgegeben und was neues Begonnen. Mach nicht denselben Fehler!

Heute weiß ich, das Menschen, die wissen, das sie eben nicht alles können, dazu neigen, ihre Erfolge klein zu machen. Jene die einfach drauf los marschieren und tun, werden immer unsere Bewunderung haben.

Das führt uns zu Punkt 1 des Scheiterns: Du musst akzeptieren, das Du scheitern wirst.

Ich habe festgestellt, dass sich nichts lohnt, wenn man keine Risiken eingeht. Nichts!
Nelson Mandela sagte: „Es ist gibt keine Leidenschaft darin, klein zu spielen, sich mit einem Leben zufrieden zu geben, das weniger ist als das, was man zu leben imstande ist.“

Ich bin sicher, dass man dir schon mal gesagt hat, du sollst sicherstellen, dass du etwas hast, auf das du zurückgreifen könnt.
Stell sicher, dass du etwas hast, auf das du zurückgreifen kannst, mein Kind.
Ich habe dieses Konzept nie verstanden. Etwas zu haben, auf das man zurückfallen kann. Wenn ich falle, möchte ich nicht zurückfallen. Ich will vorwärts fallen. Ich denke, so sehe ich wenigstens, auf was ich aufschlage.

Fall vorwärts!

Thomas Edison hat 1000 gescheiterte Experimente durchgeführt, wusstest du das? Ich wusste das nicht. Denn das 1001. war die Glühbirne.
Heute denkt niemand mehr an den Schweiß, die Scherben, den Frust, den Edison dabei erlebt haben musste. Monatelang. Wenn man heute an das Licht zuhause denkt, sieht man nur die Glühbirne und Thomas Alva Edison, den Erfinder. Aber was wäre, hätte er beim 999 Versuch aufgegeben und gesagt: „Das wars, es geht nicht?“

Barry Bonds hatte in seinen knapp 20 Jahren Baseball Karriere 762 Homeruns geschlagen. 762! Aber das ist alles, wofür man ihn feiert – das er dabei mehr als 2500 Strikeouts erlitt, interessiert niemanden mehr.
Verstehst du was ich sagen will? Sie sind 1000e Male gescheitert und:
Sie haben immer weitergemacht. Nächster Versuch.

Fall vorwärts!

Jedes gescheiterte Experiment ist ein Schritt näher am Erfolg. Man muss Risiken eingehen, und ich bin mir sicher, dass Du das auch schon einmal gehört hast. Aber ich möchte mit Dir darüber reden, warum das so wichtig ist.
Denn: Irgendwann in Deinem Leben wirst Du scheitern. Akzeptierte es, Du wirst verlieren. Du wirst dich blamieren, Du wirst bei etwas ganz fürchterlich versagen.
Daran besteht kein Zweifel. Und ich weiß, das ist keine traditionell inspirative Botschaft, aber hallo, ich sage Dir: Nimm es an: Du wirst fallen.
Denn es ist unvermeidlich.

Aber: Fall vorwärts!

Das eine große Talent, das ich habe und auf das ich heute mächtig stolz bin: Ich bin ein Stehaufmännchen.
Irgendwie hab ich mich immer auf die Beine gerappelt.
Mein Fehler war nur – und ich wünschte, mir hätte das jemand früher gesagt und ich hätte nicht mühsam 50 Jahre gebraucht, um selbst darauf zu kommen – mein Fehler war einzig und allein, dass ich immer wieder etwas Neues angefangen habe.
Ich habe meine Ideen und Pläne allzu schnell aufgegeben – und mit etwas Neuem von ganz vorne angefangen. Also bin ich auch mit keinem davon bis zu irgendeinem Erfolg gekommen.

Der erste Punkt also ist, dass wir Scheitern akzeptieren müssen, dass wir lernen müssen, die Fehler, die wir machen, als Schritte zu verstehen.
Denn am Ende erinnern sich nur wenige an die Zweifel, die du hattest, oder die Tränen, die du vergossen hast. Am Ende sieht man nur die Glühbirne.

Fall vorwärts!

Das ist der zweite Punkt zum Scheitern: Wenn du nicht scheiterst, hast du es gar nicht erst versucht.
Ich sage es noch einmal: Wenn du nicht scheiterst, versuchst du es gar nicht richtig.

Und es gibt noch einen tollen Spruch: Um etwas zu bekommen, was du noch nie hattest, musst du auch etwas tun, was du noch nie getan hast.

Und das beinhaltet auch: Risiko. Wenn du nicht bereit bist, alles zu riskieren und bis zum Ende durchzuhalten, weil du Angst vor dem Scheitern hast – dann lass es lieber. Denn sonst darfst Du niemals behaupten, das Du alles versucht hast.

Wer schon Erfolg hat, der hat das auch verstanden. Vorwärts fallen bedeutet, keinen bequemen Plan B zu haben. Denn ein Plan B ist das Ruhekissen, auf das man fallen kann. Und wenn du ein Ruhekissen hast, dann macht es dir nichts aus, wenn deine Idee des Lebens scheitert.
Und wenn dir das nichts mehr ausmacht, dann versuchst du es gar nicht richtig. Dann fällst du zurück.

Fall vorwärts.

Les Brown, ein Motivationsredner, hat eine treffende Analogie dazu gemacht. Er sagt: Stellt euch vor, ihr liegt auf dem Sterbebett und um euer Bett herum stehen die Geister, die euer unerfülltes Potenzial repräsentieren. Die Geister der Ideen, die ihr nie in die Tat umgesetzt habt, die Geister der Talente, die ihr nicht genutzt habt. Und sie stehen um euer Bett herum, wütend, enttäuscht und verärgert. Sie sagen, wir sind zu dir gekommen, weil du uns das Leben hättest schenken können. Und nun müssen wir gemeinsam mit dir ins Grab gehen.

Deshalb frage ich dich heute: Wie viele Geister werden um dein Bett herum sein, wenn deine Zeit gekommen ist?
Du musst also da rausgehen, du musst alles geben, was du hast, sei es deine Zeit, dein Talent, deine Gebete oder deine Schätze.

Denn merkt dir eines: Du wirst niemals einen Umzugswagen hinter einem Leichenwagen sehen.
Du wirst niemals einen Umzugswagen hinter einem Leichenwagen sehen.
Du kannst nichts mitnehmen – glaub’s mir, die Ägypter haben es versucht.
Und was erreichten sie? Sie wurden ausgeraubt.

Du kannst nichts mitnehmen, keine Talente, keine Zeit, keine Fähigkeiten – nichts!
Die Frage ist also: Was wirst du mit dem tun, was du hast?

Ich spreche nicht davon, wie viel du hast! Einige haben ein Wirtschaftsstudium absolviert, andere sind Theologen, Krankenschwestern, Soziologen, Angestellte oder Arbeiter. Einige haben Geld, einige haben Klienten. Einige haben Freundlichkeit. Einige haben Liebe. Einige haben die Gabe des langen Leiden könnens.
Was auch immer es ist, was auch immer deine Gabe ist: Was wirst du mit dem tun, was du hast?

Fall vorwärts!

Nun gut, hier ist mein letzter Punkt zum Scheitern: Manchmal ist Scheitern der beste Weg, um herauszufinden, wohin man gehen will.

Dein Leben wird nie ein gerader Weg sein.
Denzel Washington sagte:
„Ich begann an der Fordham University als Medizinstudent. Ich belegte einen Kurs namens Cardiac morphogenesis. Ich konnte das nicht lesen, ich konnte das nicht aussprechen und ich konnte das sicher nicht bestehen.
Also beschloss ich, Jura zu studieren.
Dann Journalismus …
Und ohne akademischen Schwerpunkt haben sich meine Noten in ihre eigene Richtung entwickelt. Ja, nach unten.
Ich hatte ein Semester lang einen Notendurchschnitt von 1,8 – in Amerika ist 1,8 so etwas wie völlig ungeeignet. Und die Universität schlug sehr höflich vor, dass es vielleicht besser wäre, eine Auszeit zu nehmen.
Ich war 20 Jahre alt, und ich war an meinem Tiefpunkt. Nun, wohlgemerkt – ich bin 20 Jahre alt, ich bin von der Schule geflogen.
Später in diesem Sommer 1975, als ich als Betreuer in einem YMCA-Camp in Connecticut arbeitete, veranstalteten wir eine Talentshow für die Camper.
Nach der Show kam ein anderer Betreuer auf mich zu und fragte: ‚Hast du schon einmal an die Schauspielerei gedacht? Darin bist du doch gut.‘
Als ich im Herbst nach Fordham zurückkam, wurde ich erneut aufgenommen und wechselte noch einmal mein Hauptfach. Zum letzten Mal.“

Wir alle wissen, was aus Denzel Washington geworden ist.
Das Leben kann eine Achterbahn sein, es kann sehr hässlich sein und es ist auf keinen Fall fair – ich weiß das aus tiefstem Herzen! Und dennoch, hier bin ich und tue das, was ich wirklich liebe, ich schreibe und ich spreche zu euch. Ich habe das Gefühl, dass ich mein Wissen endlich auch einem Zweck zuführen kann und das macht mich ein wenig glücklich.

Ich habe in der Folge „Über die Liebe“ im alten Schalltrichter 2021 gesagt:
Wenn du auf die immer gleiche Weise beurteilst oder auf die immer gleiche Weise handelst – wie soll sich dann etwas in deinem Leben verändern?
Ich wiederhole einen wichtigen Satz: Wenn du etwas haben möchtest, was du noch niemals hattest, dann musst du auch etwas tun, was du noch nie getan hast!
Mut beweisen? Irgendetwas trotzdem tun? Aufstehen und weitergehen?
Ich weiß nicht, was du tun sollst – aber eines ist wichtig: Es gibt kein „Ich kann das nicht!“ Es gibt nur ein „Ich will es nicht einmal versuchen.“
„Ich kann nicht“ ist nur ein anderes Wort für: „Ich will nicht!“

Du wirst nur dann etwas erreichen, wenn Du Vorwärts fällst.

Scheitern ist nichts anderes als ein Beweis dafür, dass du den Mut hattest, dich zu bewegen und voranzukommen. Es ist der unvermeidliche Begleiter auf dem Weg des Wachstums und der Entwicklung. Jeder Fehler, jede Niederlage, jeder vermeintliche Rückschlag ist in Wirklichkeit ein Schritt nach vorne – ein Zeichen dafür, dass du etwas versucht hast, dass du dich auf den Weg gemacht hast. Scheitern zeigt, dass du nicht stehen geblieben bist, sondern dich auf das Abenteuer des Lebens eingelassen hast. Es ist die ultimative Bestätigung dafür, dass du den Pfad des Vorwärtsfallens gehst.

Frei nach Denis Waitley gesagt:
Erfolgreiche Menschen planen Resultate. Glückliche Menschen planen Handlungen.
Dazu sage ich: Ein erfolgreicher Mensch kann natürlich auch glücklich sein. Aber ein glücklicher Mensch ist immer erfolgreich.
Ihr Lieben: Glück ist kein Zustand in dem man verweilen kann, Glück ist eine Entscheidung.

Fall vorwärts!

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